
Vorwort
Ende der 80er Jahre hatte ein Bekannter von mir einen "Bordcomputer" aus einem verunfallten Audi 100 vorbeigebracht und gefragt, ob man das Teil als Uhr nutzen könnte.
Er wollte das wohl als Gimmick in seinen Kleinwagen einbauen ... oder so etwas. Das war damals TOP Technik, die nur in Oberklassefahrzeugen zu finden war.
Es hat sich jedoch recht schnell herausgestellt, dass das nur ein Display war, was ohne den eigentlichen Computer nichts anzeigen kann.
Damals waren meine Möglichkeiten sehr begrenzt und mal eben ein Datenblatt aus dem Internet zu ziehen war nicht möglich.
Das Datenblatt hätte man in Papierform bestellen müssen, was für Privatpersonen immer eine Herausforderung war.
Weiter gebracht hätte mich das nicht, da es ja noch einen passenden Rechner gebraucht hätte.
Es gab es auch noch keine Mikrocontroller wie man sie heute kennt. Damals habe ich mich mit so etwas beschäftigt (Link).
Mein Bekannter hat mir das Gerät dann überlassen und es ist direkt in eine meiner vielen Kisten mit Elektronik Teilen gewandert.
Jetzt ist mir das Display wieder in die Hände gefallen und ich dachte, das wäre doch ein nettes Wochenendprojekt.
Ist es heute möglich, das Ding zu beleben?
Zerlegt + Analyse
Viel ist nicht drin: Das Display ist lediglich ein LCD Panel, welches von einem HD44100 Treiberchip versorgt wird.
Dank Internet findet sich das passende Datenblatt in Sekunden.
Der Polarisationsfilter ist so angeordnet, dass das Display ohne Ansteuerung komplett schwarz ist.
Es wird von hinten über Lichtleiter beleuchtet um die Lesbarkeit zu verbessern.
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Also erst einmal ausmessen, wohin die Kontakte gehen.
Auf die Stiftleiste passt günstigerweise der Stecker eines 10 poligen Flachbandkabels.
Herausgekommen ist der folgende Belegungsplan:

DL1 - Dateneingang, die Daten werden beginnend mit dem niedrigsten Bit übertragen.
CL2 - Taktleitung, die Daten an DL1 werden bei "low" Flanke des Signals übernommen.
CL1 - Bei negativer Flanke werden die Daten aus den Schieberegistern in das Ausgangs Latch übernommen.
M - Takt für die LCD Umschaltung (Wechselspannung für LCD Panel!). Siehe auch der Artikel über LCD Displays
Der HD44100 enthält im Wesentlichen zwei 20 Bit Schieberegister.
Diese sind hier in Reihe geschaltet, so dass 40 Bit übertragen werden müssen.
Das Display hat keinen dedizierten Backplane Anschluss.
Durch Pulsen des "M" Anschlusses werden die Ausgänge 1-20 und 21-40 jeweils invertiert.
Das sorgt für die nötige Wechselspannung um das Display anzusteuern.
Erste Lebenszeichen
Zunächst habe ich ein Testprogramm geschrieben, welches es erlaubt, 5 Byte hintereinander in das Display zu schieben.
Nach einiger Experimentierei ist es mir so gelungen alle Segmente zu identifizieren und einzelnen Bits zuzuordnen.
Es hat sich herausgestellt, dass die Aufteilung der 40 Bit in 5 Byte der richtige Weg war!
Die Entwickler von VDO (Die sind der eigentliche Hersteller der Komponente) haben die Segmente nicht irgendwie angeschlossen, sondern so,
dass die Segmente der Ziffern immer von dem gleichen Bit eines Bytes angesteuert werden!
Wie üblich, habe ich das Programm in Bascom geschrieben.
Die fünf Byte werden via Shiftout in den Display Controller geschoben.
Shiftout ist dazu ein ganz netter Befehl, da er die Bits einzeln aus einem Portpin schiebt und auch automatisch das passende Taktsignal an einem weiteren Pin ausgibt.
Nach den fünf Byte wird ein einzelner Puls an CL1 gesendet um die Daten in das Latch zu übernehmen.
Der M Anschluss ist mit einem PWM Ausgang des Mikrocontrollers verbunden und wird mit einem Takt von ~46Hz versorgt.
Das ist dabei herausgekommen:

Das Display die Uhrzeit anzeigen zu lassen ist jetzt kein Problem mehr.
Die Uhrzeit wird von der in Bascom integrierten DCF77 Routine in Form einer String Variablen bereitgestellt.
Der String wird dann zerlegt, in passende Bytes umgewandelt und dann mit dem Befehl Shiftout in das Display geschoben.
Das Stellen der Uhr passiert über eine einzelne Taste.
Wenn man die Taste länger als eine Sekunde gedrückt hält, wird zwischen Minuten und Stunden hin- und hergeschaltet.
Falls jemand die Software haben möchte: Download .zip (enthält .bas / .bin / .hex)
Zum Schluss noch der Schaltplan
Mehr als ein Mikrocontroller mit Strom- und Taktversorgung ist nicht nötig:

Leider habe ich keinen Kontakt mehr zu dem Bekannten, der den "Bordcomputer" damals angeschleppt hat.
Sein altes Auto wird es wohl auch nicht mehr geben und jeder Kleinwagen hat heute mehr Technik an Bord.
Aber nach 35 Jahren habe ich das Display doch noch in Betrieb bekommen!
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