Seeburg W1L56 Wallbox

 

Ich konnte nicht widerstehen, eine weitere Wallbox (auf Deutsch: Fernwähler) meiner Sammlung hinzuzufügen.

Das ist nicht irgendeine Wallbox, sondern eine der ersten Wallboxen, die es gab!
Die Wallbox gehört zu den ikonischen Seeburg Symphonola 146/147/148 Jukeboxen / Musikboxen, die gerne auch "Trashcan" genannt werden.

Als diese Jukeboxen aktuell waren, hat man Musik noch von Schellack - Schallplatten abgespielt.
Wir sprechen hier also von einer Zeit vor 1950!
Nach meinen Informationen wurde die W1L56 Wallbox von 1946 bis 1948 hergestellt.

Diese Jukeboxen boten lediglich Platz für 20 Schallplatten, von denen auch nur eine Seite gespielt werden konnte.
Seeburg hat bereits 1948 einen neuen Mechanismus erfunden, der das beidseitige Abspielen von 50 Platten erlaubt!
1950 ist die Schellack Zeit vorbei und Seeburg hat auf die noch heute üblichen 45er Singles umgestellt.

In den USA waren die Seeburg Musikboxen damals sehr weit verbreitet (In Deutschland hatte man damals noch andere Probleme.).
So ist auch diese Wallbox ein Import aus den USA.


Funktion:
Die Box ist im Gegensatz zu der 3W100 Wallbox einfacher aufgebaut.
Jeder Schallplatte ist hier eine Taste zugeordnet.
Die Übertragung an die Jukebox erfolgt aber ebenso wie bei der 3W100 mit einer Impulsfolge.
Das passiert auch hier schon über einen durch einen Motor angetriebenen Schleifer, der im Kreis angeordnete Kontakte abfährt.

Die Wallbox akzeptiert ausschließlich 5 Cent Münzen als Bezahlung.
Vor jeder Wahl ist ein "Nickel" einzuwerfen, was über einen Kontakt den Stromweg über die Startkontakte an der Tastatur zum Antriebsmotor freigibt.
Es gibt kein Kreditwerk, wie bei späteren Geräten!

Wird dann eine Taste betätigt, startet der Motor, arretiert über einen Hebelmechanismus die gedrückte Taste und blockiert alle anderen Tasten.
Gleichzeitig dreht sich der Kontaktarm und streift über die Selector Scheibe mit ihren 25 Kontakten.

Das Drücken einer Taste bewirkt das Abtrennen von Kontakten.
Bei der Wahl der Platte 20 werden alle 25 Impulse gesendet, bei 19 24 Impulse, bei 18 23 Impulse usw.

Im nächsten Bild sieht man die Selector Scheibe von hinten wie sie mit den Tasten verdrahtet ist.
Alle Leitungen haben noch Textilisolierungen.

Jetzt wird auch die Münze "kassiert", fällt also in die Münzkassette.
Damit ist auch die Verbindung zu den Motor Startkontakten wieder unterbrochen, bis eine weitere Münze eingeworfen wird.
Wenn der Kontaktarm seine Ruheposition erreicht hat, wird die gedrückte Taste wieder freigegeben und die Wallbox ist bereit für die nächste Wahl.

Bei der Übertragung der Impulse zur Jukebox kommt eine Besonderheit in Spiel!
Die W1L56 ist eine "Wireless" Wallbox und benötigt keine (direkte) Kabelverbindung zur Jukebox.
Sie wird lediglich an das 110V Stromnetz angeschlossen und das ist alles!
Daher hat die Wallbox auch einen eingebauten 110V Netztransformator, der alle nötigen Betriebsspannungen bereitstellt.


Wie funktioniert das?
Es wird nicht etwa eine Funkverbindung genutzt, sondern es wird ein 250KHz Signal in das Stromnetz gesendet!
Hierzu befindet sich in der Wallbox ein Oszillator, der beim Schließen des Schleifkontaktes den Oszillator startet.
Offenbar war die Sache nicht erfolgreich, da Seeburg das Verfahren bei späteren Boxen nicht fortgeführt hat.
Es kann aber auch gut sein, dass Änderungen der "FCC" Bestimmungen es nicht mehr erlaubten, das Stromnetz zu verwenden.

Ich besitze selbst keinen Stromlaufplan für die Box.
Im Internet findet man ebenfalls nichts frei Zugängliches.
Es gibt scheinbar einen Händler, der Serviceunterlagen für die Box verkauft.
Aufgrund der Einfachheit der Box werde ich diese allerdings nicht benötigen.

Der Röhrenoszillator besteht aus zwei 6C4 Trioden Röhren.
Eine Röhre wird als Gleichrichter benutzt, die andere Röhre bildet den Oszillator.
Interessehalber habe ich versucht einen Schaltplan davon zu zeichnen.
Der Oszillatorkreis befindet sich unter einer Abschirmung, die sich leider nur öffnen lässt, wenn man alle Anschlussdrähte ablötet.
Das wollte ich mir nicht antun, daher ist der Schaltplan in diesem Bereich eher geraten!

Zunächst eine Innenansicht des Gerätes:

Hier der von mir gezeichnete Schaltplan des Oszillators (ohne Gewähr):


Wie meine 3W100 Wallbox soll auch diese Wallbox wieder in funktionsfähigen Zustand gebracht werden!
Leider besitze ich auch keine Seeburg Symphonola Jukebox, weshalb wieder ein moderner Ersatz her muss!

Zunächst einmal eine Bestandaufnahme:

Der Verkäufer hatte die Beleuchtung durch
LED Streifen ersetzt.
Sehr schön, wenn man die Box nur
als Dekoration verwenden möchte.
Ich werde diese entfernen und wieder
Lämpchen installieren.
Nachdem der Kontaktarm entfernt ist,
kann man das Tastenmodul mit den
Schleifkontakten wegklappen.
Das gibt den Blick auf die Mechanik frei.
Der Münzprüfer ist nur mit einer Schraube befestigt
und kann zusammen mit dem Münzeinwurf zu
Servicezwecken leicht entfernt werden.
Der Antriebsmotor ist ein 25V AC Motor.
Die original RCA Röhren des Oszillators
Die als Gleichrichter verwendete
Röhre ist schon recht verbraucht.

Wie der Verkäufer richtig geschrieben hat, war die Box bis auf den "LED MOD" in Originalzustand.
Das stimmt soweit!
Das Leben der Box hat deutliche Spuren hinterlassen.
Äußerlich ist Farbe abgestoßen und die Kunststofftasten sind etwas abgegriffen.

Bei einem Alter von über 70 Jahren, ist aber nichts anderes zu erwarten!

Der Verkäufer hatte die Chromteile bereits aufpoliert.
Der Lack ist im Originalzustand und wird so erhalten bleiben!
Äußerlich ist also nichts zu tun!

Innen sieht das ganz anders aus!
Wirklich defekt ist zum Glück aber nichts!
Die Mechanik ist schwergängig und benötigt eine Reinigung.
Die Röhren habe ich entfernt, da ich den Oszillator nicht verwenden werde.
Es wäre vermutlich auch illegal HF in das Stromnetz zu senden!

Während der Kontaktarm läuft, werden die Tasten durch Verriegelungsleisten gehalten und blockiert.
Obwohl diese Leisten recht leichtgängig sind, sind die Rückholfedern inzwischen zu schwach, um sie zuverlässig wieder in die Ausgangsposition zu ziehen.
Ich muss mal schauen, wo ich Ersatz her bekomme.

Leider wirkt sich das auch auf die Startschalter des Motors aus.
Ich habe zunächst den Kontaktdruck verändert, um das etwas zu kompensieren.

Wie schon erwähnt akzeptiert die Box ausschließlich 5 Cent Münzen.
Natürlich landen alle angebotenen Münzen direkt im Rückgabeschacht.
Also muss auch der Münzprüfer überholt werden.
Nach einer gründlichen Reinigung und Justage des Prüfmagneten fallen die Münzen jetzt fast immer in die "Kredit" Position.

Irgendjemand muss bereits die Finger in der Box gehabt haben, da praktisch alle Federkontakte irgendwie verbogen waren.
- Der Kontakt für die Münzerkennung war viel zu hart eingestellt, so dass das Gewicht der fallenden Münze ihn nicht schließen kann.
- Die Motor Startkontakte an dem Tastenmodul haben nicht einmal mehr zueinander gefunden.
- Der Endkontakt an der Antriebswelle schaltet zu spät ab.

Nach Reinigung, einer Behandlung mit etwas Wählerfett und Justage der Kontakte funktioniert die Mechanik jetzt wieder.


MP3 Jukebox Emulator

Um der Wallbox wieder Leben einzuhauchen, wird eine passende Jukebox benötigt, die ich leider nicht besitze.
Also habe ich eine kleine Elektronik entwickelt, um eine Seeburg Symphonola zu emulieren.

Das ist ein neues Projekt, welches hier zu finden ist: Seeburg Symphonola Emulator / Wallbox MP3 Adapter

 

 

 

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